Schon im 18. und 19. Jahrhundert verzweifelten Studierende an den Tücken des Studiums: Die einen waren zu genial, die anderen gelangweilt. Wir portraitieren Studienabbrecher, aus denen zum Glück doch noch etwas geworden ist.
vonGustav Beyer
![By nach einem Gemälde von C.Jäger herausgegeben von Friedrich Bruckmann Verlag München Berlin London. (Carte de Visite - Foto 5,9 x 8,2 cm.) [Public domain], via Wikimedia Commons](sites/default/files/image/_gallery/wikimedia_Lessing.jpg)
Gotthold Ephraim Lessing (nach einem Gemälde von C.Jäger herausgegeben von Friedrich Bruckmann Verlag München Berlin London; via Wikimedia Commons)
Wer heute Bafög bezieht, hat es nicht immer leicht: Ständig wird nachgefragt: Haben Sie dieses Dokument noch? Füllen Sie doch dieses Formular noch ein drittes Mal aus! Damals, im Jahr 1764, als der junge Gotthold Ephraim Lessing vor den schweren Türen der Universität Leipzig steht, in bester Absicht, sein Theologie-Studium aufzunehmen, musste er sich keine Gedanken über derartige bürokratische Vorgänge machen. Kompliziert war es seinerzeit trotzdem, das Studium zu finanzieren. Schließlich war es nicht jedem Dahergelaufenen möglich, sich die qualitativ so geschätzte Lehre an einer Universität zu leisten.
Seine Eltern geben ihm Geld und Vertrauen. Schon im Kindesalter hat er sich den Respekt seiner Eltern mit Klugheit und Weitsicht verdient. Sein damaliger Schulleiter schreibt resignierend einen Brief an den Vater: „Er ist ein Pferd, das doppeltes Futter haben muss. Die Lektionen, die anderen zu schwer werden, sind ihm kinderleicht. Wir können ihn fast nicht mehr brauchen“ Früh verlässt er die Schule und macht sich auf nach Leipzig.
Sein Theologiestudium scheint ihn zu langweilen. Oder warum treibt er sich ständig mit fahrenden Schauspielern herum? Seine Eltern sorgen sich, dass er sein Studium nicht packt. Unter dem Vorwand, seine Mutter würde im Sterben liegen, locken sie ihn nach Hause. Er hat inzwischen Schulden angehäuft – das wird Ärger gegeben haben.
Im September kehrt er zurück an die Universität. Sein Körper studiert (inzwischen Medizin), sein Geist widmet sich der Kunst und der Kultur in Leipzig. Viel Geld wird er dabei los – und dann bürgt er auch noch für ein paar Schauspieler, die sich aus dem Staub machen. Ein Desaster: Lessing kann seine eigenen Schulden nicht zurückzahlen und verlässt die Stadt. Auch in Wittenberg holen ihn seine Gläubiger ein. Das Studium kann er jetzt vergessen. Als „freier Journalist“ kratzt er jetzt jeden Taler zusammen, der sich auftut. Immerhin: Das ist die Vorarbeit für seine Karriere als Autor und Dichter, die er später einschlagen wird. Ob er auch so einen Stress gehabt hätte, wenn er damals schon Bafög bekommen hätte?